Wenig fremdländische Esskultur ist im nördlichen Italien zu finden: kein Franzose, Spanier, Vietnamese oder Thai. Sushi gibt es nicht. Die Südtiroler scheinen mit ihrer heimischen Küche vollends ausgelastet. In den Kochtöpfen zwischen Brenner und Salurn kochen sie ihr eigenes Süppchen. Doch nicht, weil sie unbedingt kreativ sein müssen: Die Vielfalt der Küche und deren Möglichkeiten wurde ihnen in die Wiege gelegt. Geprägt von den kulturellen Strömungen der deutschen, italienischen und ladinischen Bevölkerungsgruppen können die Südtiroler gar nicht anders, als sich von jeder Kultur zu bedienen und eine einzigartige Südtiroler Küche zu schaffen.
Rustikal, leicht Mediterran und althergebrachte Zutaten
Ganz selbstverständlich werden die verschiedenen Stile und Komponenten variiert: In Schlutzkrapfen mit Parmesan oder Dinkelnudeln mit Calamaris verbindet sich so das Rustikal-Alpine mit dem Leicht-Mediterranen. Die Ladiner bringen eine dritte Komponente auf die Speisekarte. In den Dolomitentälern, dort, wo die Ladiner seit Urzeiten leben, werden auch heute noch althergebrachte Zutaten wie Buchweizen, Brennnessel, wilder Spinat oder die heimischen Bergkräuter verwendet.
Gegensätze in Bozen
Silvano Lotto, Chefkoch des Restaurants Pra Meisa in Bozen, bringt die ladinische Küche über die Sprachgrenze hinaus bis ins italienisch geprägte Bozen. Aber trotz seines italienisch klingenden Namens kringeln sich bei ihm keine Spaghetti al pomodoro auf dem Teller: „Spaghetti gibt es bei mir nicht. Die sind zu südländisch.” Lotto verwendet gern Bergkräuter und Vollkorn in seiner Küche.
Sein deutschstämmiger Landsmann Othmar Raich dagegen kocht in seinem Restaurant Ansitz Pillhof in Frangart bei Bozen zunehmend Italienisches. Diese Küche ist gefragt, weil sie leicht und gesund ist. Aber auch, weil sich die Südtiroler mehr und mehr bewusst würden, dass sie in Italien leben.
Wissenswertes aus Bozen
Die aus Brotresten, Eiern, Salz und Wasser hergestellten Knödel sind die Spezialität Südtirols. 36 verschiedene Sorten gibt es, drei davon bietet das „Knödel Tris”, eine Variation von Spinat-, Rote Bete- und Käseknödeln. Das älteste Südtiroler Bildnis eines Knödels stammt aus dem 13. Jahrhundert: die Freske einer Frau beim Knödelformen in der Burgkapelle von Schloss Hocheppan bei Bozen. Spaghetti mit dem Löffel zu essen, ist für die Italiener eine Todsünde. Genauso verpönt ist das Messer beim Knödelessen in Südtirol. Denn nur, wer den Knödel mit der Gabel teilt, erkennt anhand seiner Konsistenz die Qualität.