Stefan Pramstrahler wollte ganz unten anfangen, den „cursus honorum“ inklusive aller Praktika an der Hotelfachschule absolvieren, um dann, wie er selbst sagt, „den Hoteldirektor zu machen“. Also zog er aus, um Kochen zu lernen. Mit einem Fernlaster hatte er eine Mitfahrgelegenheit von Südtirol bis nach Weißenburg im Elsass. Im Restaurant Zum Schwan in Cygne lernt er die französisch-elsässische Küche kennen. Von dort ging es weiter nach Paris, wo er sich immer mehr für die französische Küche begeisterte.
Doch dann wechselte er nach Mailand und entdeckte neue Horizonte in der italienischen Küche. Lineare Einfachheit und höchste Qualität des einzelnen Produktes rangierten hier an erster Stelle. Starköche im Sinne der französischen Tradition sind in der italienischen Mentalität von geringerer Bedeutung als regionalen Besonderheiten. Der Reis aus Vercelli, die Linsen aus Ustica, Kichererbsen aus Pantelleria – und ob das bessere Öl aus Apulien, aus der Toskana, aus Ligurien oder vom Gardasee kommt, darüber lässt sich hierzulande vehementer streiten als über ein Fußballspiel. In der Vorstellung vieler Italiener kocht am besten immer noch die Mamma – und die Nonna, die Großmutter, ist Trägerin aller Staatsgeheimnisse in Sachen Küche. Beide machen nach allgemeiner Auffassung nicht viel Schnickschnack, sondern nehmen gute Produkte und lassen sie ihrem Charakter und Eigengeschmack wirken.
Nach diesen Erfahrungen wandte sich Stefan Pramstrahler Richtung Norden und widmete sich der Verbindung von Küche und Kunst. In Hamm praktizierte er im Romantikhotel Alte Vogtei und pflegt gleichzeitig intensive Kontakte zum international renommierten Künstler Erwin Wortelkamp. Eine Tradition, die schon in seinem Elternhaus gepflegt wurde – Vater Karl Pramstrahler ist ein sachkundiger Kunststammler, wovon auch die Gäste im Hotel Turm profitieren. Beim nächsten Praktikum in Healdsburg nahe San Francisco knüpfte er weitere interessante Verbindungen, unter anderem zu einigen guten kalifornischen Winzern. Beim anschließenden Militärdienst kam Stefan Pramstrahler in die Küche der Offiziersmesse des Armeekorpskommandos, wo er es bald zum Chefkoch brachte und unter anderem Italiens Staatspräsident Pertini bekochte. Danach kehrte er in den heimischen Turmwirt zurück, entschied sich dort aber, Koch und nicht Hoteldirektor zu werden. Und so bereicherte er den Landgasthof schnell um ein Speiserestaurant der gehobenen Art. Essen, Trinken und Ambiente müssen für ihn ein Gesamtkunstwerk sein. Und auch seine Rezepte sind so konzipiert, dass sie alle Sinne betören. Eine besondere Rolle spielt für ihn auch die regionale Tradition eines Gerichts – wie er am Beispiel der Brennsuppe erklärt: Ursprünglich war sie ein Armeleuteessen, das praktisch nur aus der Mehleinbrenn, Wasser und Salz bestand, sofern letzteres nicht schon zu teuer war. In besseren Zeiten kam ein Butterflöckchen, ein Stück Zwiebel oder ein aus dem Süden stammendes Lorbeerblatt. Weinbauern und wohlhabende Bergbauern leisteten sich einen Schuss Wein oder Essig dazu, Adelige ließen Morcheln mitkochen. Stefan Pramstrahlers Version der Brennsuppe ist mit Herrennagelen oder Totentrompeten verfeinert, die im Sommer und Herbst in den Wäldern gedeihen. Doch weil die begehrten Pilze in den Wäldern um Völs nur in geringen Mengen gesammelt werden dürfen, verwendet er auch Pfifferlinge und schwarze Trüffeln – denn das Tor zum Süden ist auf der Seiser Alm schließlich immer offen.