Willi Stürz Experiment: eine Trockenbeerenauslese. Die Traubenernte im gesamten Anbaugebiet ist schon längst abgeschlossen, nur auf rund 4.000 Quadratmetern hat Stürz noch ein paar wenige Trauben an den Reben hängen lassen. Der Schimmelpilz hat sie bereits befallen, die Edelfäule hat eingesetzt. Jetzt wartet Willi Stürz auf den richtigen Moment, die Trauben abzunehmen. Knapp 1000 Liter raren Süßwein könnte er keltern, wenn er den Schimmelpilz gerade lange genug seine Arbeit verrichten lässt.
Er könnte keltern. Die ältere Dorfgemeinschaft von Tramin war von Willi Stürz Idee wenig begeistert. War skeptisch, ja sogar verärgert: „Machts doch was ihr wollt“, so ihr Kommentar. Sie taten seine Idee als Spinnerei ab. Schämten sich sogar mit dem Weinberg, der im Spätherbst noch mickrige, bereits schimmelige Trauben trug. Tramin war in Aufruhr. Willi Stürz aber ließ sich nicht beirren, er vertraute auf sein Bauchgefühl – und wurde für seinen Mut belohnt. Mit seiner ersten Trockenbeerenauslese legte der Kellermeister aus Tramin gleich ein Meisterwerk hin.
Klasse statt Masse ist die Devise
Die Trockenbeerenauslese 1998 wurde 2001 vom tonangebenden Weinführer Italiens zum besten Süßwein Italiens gekürt. Zwei Jahre später wurde Willi Stürz selbst von „Vini d’Italia“ des Gambero Rosso & Slow Food als bester Kellermeister Italiens ausgezeichnet. Die Trockenbeerenauslese markiert damit den dicksten Meilenstein in der Geschichte der Traminer Kellereigenossenschaft.
Der Gewürztraminer zählt heute – auch wegen der Erfolge von Willi Stürz – zu den gefragtesten Weinsorten Italiens. Südtirol gilt als Ursprungsland der Rebe. Dazu gibt es mehrere Studien. Ein einstimmiges Ergebnis jedoch nicht. Gesichert ist, dass der Gewürztraminer eine der ältesten Kulturweinreben überhaupt ist. Die Rebe wird als Muttersorte von Riesling, Burgunder, Cabernet Sauvignon bezeichnet und bringt genetisch bedingt auf Grund ihrer Ursprünglichkeit höchste Qualität hervor.
Qualität, auf die Willi Stürz bauen will, obwohl die Rebsorte nicht ganz einfach ist. Die Trauben sind klein und schwach ansetzend. Der Ertrag ist bei großen Schwankungen generell gering. Der Gewürztraminer ist ein Qualitätswein der höchsten Kategorie und passt damit gut ins Bild der Südtiroler Weinszene: Klasse statt Masse ist generell die Devise. Bei nur 0,7 Prozent der italienischen Weinernte hat Südtirol seine Nische entdeckt. Die besonderen klimatischen Verhältnisse mit warmen Tagen und kühlen Nächten lassen den Gewürztraminer in Südtirol einen eigenen Geschmack entwickeln. Weinkritiker schätzen die Aromenvielfalt des Traminers. Am besten passt der Gewürztraminer zu Weichkäse, Gänseleberpastete, Hummer, Krabben und generell zu asiatischen und würzigen Gerichten.