Suedtirol Becherhaus – Nestwärme im Wolkenhaus am Abgrund

Wie die bis zu 100 Personen fassenden Schutzhütten in Südtirol über 3.000 Metern Höhe errichtet werden konnten, ist nur schwer vorstellbar. Vor allem, wenn man bedenkt, dass die Meisterwerke der alpinen Baukunst teilweise bereits bis zu 130 Jahre alt sind. Tonnenweise Baumaterial wurde mit Maultieren oder mit zuvor mühevoll errichteten Schlittenbahnen auf die Dächer Südtirols geschleppt. In den steilsten Abschnitten gelang es nur auf den Schultern der Arbeiter. Mehrere Schutzhütten Südtirols wie das Becherhaus liegen so spektakulär, dass sogar den waghalsigsten Kraxlern ein Schauder über den Rücken läuft. Errichtet am äußersten Abgrund eines Felsvorsprunges, taucht ein mit verwitterten Schindeln verkleidetes Haus auf, das sich erst nach und nach von dem schroffen Bergmassiv im Hintergrund abhebt Südtirol.

Das Becherhaus liegt auf der Südseite der Stubaier Alpen zwischen dem Passeier- und dem Wipptal in Südtirol . Der Aufstieg beginnt im Ridnauntal. Das Wolkenhaus steht in über 3.195 Metern Höhe, tief in den Bergen, umgeben vom ewigen Gletschereis, fernab der Zivilisation. 118 Alpenvereinssektionen Südtirol spendeten für die von der Sektion Hannover errichtete Hütte am Becher, die im Jahr 1894 eingeweiht wurde. Das „Kaiserin-Elisabeth-Schutzhaus”, wie es auch genannt wird, ist das höchste Schutzhaus Südtirols und mit das höchste im östlichen Alpenraum.

Bergführer und Hüttenwirt Erich Pichler aus Südtirol lebt dort mit seiner jungen Familie von Juli bis Mitte September umgeben vom ewigen Eis. Seine Töchter Emma und Leonie sind erst knapp ein und zwei Jahre alt. Ihr Spielplatz wird einmal der Gletscher sein: „Als ich das Haus zum ersten Mal sah, war ich tief ergriffen. Es gab für mich nur noch den einen Wunsch, umgeben von diesem unglaublichen Naturschauspiel einmal zu leben“, sagt Pichler.

Südtirols erste Schutzhütte stand für ein paar Jahre (erbaut 1805) in 3.457 Metern Höhe auf dem Hintergrat des Ortlers. Um auf Südtirols höchstem Berg Unterschlupf zu finden, wurden ein paar Bretter zusammengenagelt. Auf Strohsäcken wurde genächtigt. Da die primitive Hütte nach und nach verfiel, wurde siebzig Jahre später und rund 300 Höhenmeter tiefer die heute noch stehende Payer-Hütte errichtet: spektakulär am messerscharfen und sturmumbrausten Abgrund des Tabarettagrates.

Südtirol – so extravagant sie manchmal auch liegen – alle Schutzhütten verbreiten im Inneren ein „mütterliches“ Flair: gemütlich und großherzig. Auch den kühnsten Bergsteigern wird ganz warm ums Herz, wenn sie ihr Etappenziel zwischen den schroffen Felsen das erste Mal ausmachen. Schritt um Schritt wächst dann die Vorfreude auf die verdiente Rast. Eine warme Stube, hausgemachte Mahlzeiten und ehrliche Neugierde der Anwesenden auf die erlebten Geschichten beim Aufstieg warten auf die Wanderer. Wie bei Muttern eben. Allerdings nicht im Häuschen am Stadtrand, sondern im Häuschen am Abgrund.

Informationen

Eine Schutzhütte ist ein einfach ausgestatteter Betrieb, der in einer für den öffentlichen Verkehr nicht oder nur schlecht erschlossenen Gegend gelegen und auf die Bedürfnisse der Bergsteiger und Bergwanderer abgestellt ist. Schützhütten werden in drei Kategorien eingeteilt: Alpine Schutzhütten, Ferien- und Erholungsheime im Gebirge und Berggasthöfe in Südtirol.

Mit Gründung der Alpenvereine entstanden in Südtirol zwischen 1874 und 1914 die ersten Schutzhütten. Die Gästehäuser werden von dem Alpenverein Südtirol (AVS) und dem Club Alpino Italiano (CAI) geführt. Aktuell gibt es 92 bewirtschaftete Schutzhütten in Südtirol.

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